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Coronavirus News aktuell: SO stark verletzen die Corona-Schutzmaßnahmen unsere Grundrechte

Noch nie waren die Freiheitsrechte in der Bundesrepublik so stark beschränkt wie in der Corona-Krise. Doch sind die Corona-Regeln überhaupt mit unseren Grundrechten vereinbar? Wer sich vor Gericht dagegen wehrt, hat im Moment wenig Chancen. Mit jedem Tag ohne Lockerung dürfte der Druck aber wachsen.

Die Corona-Schutzmaßnahmen schränken unsere Grundrechte enorm ein. (Foto) Suche
Die Corona-Schutzmaßnahmen schränken unsere Grundrechte enorm ein. Bild: AdobeStock/ ANR Production

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind die drastischsten Beschränkungen der Freiheitsrechte in der Geschichte der Bundesrepublik. Wer findet, dass der Staat zu weit geht, darf in einigen Bundesländern nicht einmal demonstrieren. Für den Rechtsstaat ist das eine enorme Herausforderung. Kommen die Grundrechte unter die Räder?

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Coronavirus-News aktuell: Grundrechte durch Corona-Regeln verletzt?

Grundlage aller Maßnahmen ist das Infektionsschutzgesetz. Es ermächtigt auch die Bundesländer, eigene Ge- und Verbote zu erlassen. Als "notwendige Schutzmaßnahme" dürfen unter anderem die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit und die Freizügigkeit eingeschränkt werden. Das Problem: Wann, warum, in welcher Form und für wie lange welche Rechte eingeschränkt werden dürfen, steht nirgendwo im Detail. Daran hat auch die eilige Überarbeitung Ende März nichts geändert.

Große Unklarheit! Welche Eskalationsstufen sind bei der Coronavirus-Pandemie legal?

Juristen sprechen in so einem Fall von einer fehlenden oder unzureichenden Ermächtigungsgrundlage. "Der Gesetzgeber hat der Regierung im Prinzip keine Vorgaben gemacht, welche Eskalationsstufen im Falle einer Pandemie bei der Beschränkung von Freiheitsrechten möglich und erforderlich sind", sagt Bijan Moini, Hausjurist der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). "Jetzt in Eilverfahren diese Abwägung leisten zu müssen, lastet den Gerichten enorm viel auf."

Coronavirus-Schutzmaßnahmen müssen verhältnismäßig sein

Der Staat darf zum Infektionsschutz in Grundrechte eingreifen - aber nicht alles, was vorstellbar ist, ist auch rechtmäßig. Die Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein, das bedeutet: geeignet, erforderlich und angemessen. Was erst einmal einleuchtend klingt, stellt die Richter bei Corona vor ein kaum lösbares Problem. Denn selbst Experten fällt es schwer, vorherzusagen, welche Fallzahlen das Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenze bringen würden. Und gleichzeitig weiß niemand so genau, welche Verbote und Beschränkungen notwendig sind, um die schweren Verläufe nicht in diesen Bereich ansteigen zu lassen.

Coronavirus aktuell: Corona-Regeln verletzen Freiheit der Person zum Wohl der Gemeinschaft

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, spricht in der "Süddeutschen Zeitung" von einem Dilemma: "Es führt dazu, dass man derzeit keine ernsthaften rechtlichen Bedenken gegen die Maßnahmen erheben kann, auch wenn sie zu schwerwiegenden Grundrechtseingriffen führen." Und: "Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Richter sagt: Ich kann nicht die Verantwortung dafür übernehmen, den Schutz von Leben und Gesundheit hintanzustellen, selbst wenn die Freiheit der Person sehr wichtig ist."

Klagen über Klagen: Dutzende Eilanträge gegen Corona-Schutzmaßnahmen

Wie gegen alle Maßnahmen der öffentlichen Gewalt können sich die Menschen natürlich auch gegen die Corona-Verbote zur Wehr setzen. Landauf, landab gehen Eilanträge bei den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten ein. Erfolg haben bisher die wenigsten Kläger. "Die Gerichte sind sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, die Einschätzung der Behörden durch eigene Werturteile zu ersetzen", beobachtet Moini.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen mehrere Eilanträge zurückgewiesen. In ihren Entscheidungen stellen die Richter den Schutz von Gesundheit und Leben an oberste Stelle. Vor allem in einem Beschluss vom Karfreitag zum hessischen Verbot von Zusammenkünften in Kirchen lassen sie aber auch deutlich erkennen, wie sehr solche Maßnahmen an die Schmerzgrenze gehen: Sie sprechen von einem "überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit". Für den Kläger, einen gläubigen Katholiken, seien die Nachteile "irreversibel".

Nach der Coronavirus-Pandemie: Exit-Strategie aus den Schutzmaßnahmen relevant

Mit vielen Fragen werden sich die Gerichte erst in den nächsten Monaten oder gar Jahren in den Hauptsacheverfahren vertieft befassen können. Die GFF ist zuversichtlich, dass manches dann wieder zurechtgerückt wird - und will bei Bedarf auch selbst dafür streiten.

Rechtsexperten sind sich außerdem einig, dass die schrittweise Lockerung der Corona-Maßnahmen eine entscheidende Rolle spielt. Der gestaffelte "Exit" sei "ein nicht nur praktisch naheliegender, sondern auch verfassungsrechtlich gebotener Weg", schreibt der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Auch Ex-Gerichtspräsident Papier meint: "Es muss alles getan werden, um Art und Ausmaß der Gefahren genauer einzugrenzen." Auf Dauer könne man eine solche flächendeckende Beschränkung nicht hinnehmen. "Das muss befristet sein."

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/news.de/dpa

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