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Die Thüringer Metal-Band Heaven Shall Burn ist und bleibt eine politische Band. Das beweist auch ihr neues Album "Of Truth And Sacrifice". Warum der Titel so gut in die heutige Zeit passt, hat Gitarrist Maik Weichert im Interview mit spot on news verraten.
Die Metal-Band Heaven Shall Burn setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1996 für Antifaschismus und Naturschutz ein. Als politisch stets klar positionierte Band sehen die Thüringer natürlich die Geschehnisse um die diesjährige Wahl in ihrer Heimat besonders kritisch. Gitarrist und Songwriter Maik Weichert (42) erkennt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news aber auch positive Entwicklungen in Thüringen. Außerdem verrät er, inwieweit das neue Heaven-Shall-Burn-Album "Of Truth And Sacrifice" vom Zeitgeist inspiriert wurde und warum er von kontemporärer deutscher Pop-Musik angewidert ist.
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Maik Weichert: Da hat sich ganz kurz die Maske der sogenannten bürgerlichen Parteien gelüftet und man konnte sehen, worum es ihnen wirklich geht. Das Geldverdienen muss weitergehen, da kann man keine grünen oder linken Minister gebrauchen. Da war es dann auch völlig egal, ob Rechtspopulisten für dich stimmen oder nicht. Ich hatte während meiner Juristen-Ausbildung auch im Landtag zu tun. Wenn man mitbekommt, wie die Dinge so laufen, dann ist es völlig ausgeschlossen, dass so etwas zufällig passiert, wie es einem suggeriert werden sollte. Das ist ein politisches Schmierentheater auf ganz niedrigem Niveau.
Weichert: Es sind immerhin noch Tausende Menschen auf die Straße gegangen und haben spontan dagegen demonstriert. Diese Reaktion macht uns ein Stück weit stolz und zeigt auch, dass die Politikverdrossenheit nicht alle Menschen hier befallen hat. Es hat mich viel mehr geschockt, wie tief die FDP und die CDU sinken können. Das Kapital scheint wirklich gar keinen Ekel und irgendwelche Skrupel mehr zu kennen.
Weichert: Das sind immer die gleichen Szenarien auch in anderen Ländern. Zuerst werden Tabus in Bundesländern gebrochen und auf eine Bundesebene ausgeweitet. Das sind Testschüsse, die weder die AfD noch die FDP in Berlin wahrscheinlich gebrauchen konnten. Die Grenzen werden aber immer weiter verschoben werden. Dahin wird der Weg auch in Zukunft gehen. Alles andere wäre naiv.
Weichert: Der Titel, also die Auseinandersetzung mit Wahrheit im Zusammenspiel mit Opferbereitschaft, kann in viele Richtungen interpretiert werden. Ich habe zuerst an Journalisten gedacht, die ihr Leben opfern für die Wahrheit. Aber auch in einem innergesellschaftlichen Kontext. Menschen schaffen sich alternative Fakten und Wahrheiten, um in ihrem ganz normalen Set-up weiterleben zu können und dafür eine dogmatische Begründung suchen. Auf einmal wird dann an grundlegenden Wahrheiten rumdiskutiert. Zum Beispiel die Frage, ob ein Menschenleben aus Afrika weniger wert ist als eines in Zentraleuropa. Bei solchen ethischen und moralischen Grundsätzen darf es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Es ist einfach ekelhaft, dass auch Verfassungsrechtler über verschiedene Arten von Asyl diskutieren und nicht nur Populisten darüber reden.
Weichert: Das ist wahr! Wir sind sehr gespannt, wie die Fans das Album aufnehmen werden. Selbstverständlich wurde uns in irgendwelchen hippen Marketing-Meetings davon abgeraten, aber wir wollten den Leuten einfach ein Gesamtwerk hinstellen, mit dem sie sich beschäftigen müssen und allein durch seine Masse die Wichtigkeit der politischen Aussage unterstreicht. Und auf einem Doppelalbum hat man auch musikalisch mehr Freiheiten, die wir auch genutzt haben.
Weichert: Mit der kompromisslosen und harten politischen Musik soweit zu kommen, wie wir es geschafft haben, darauf kann man schon sehr stolz sein, denke ich. Und dass wir auch im Mainstream unsere Anker werfen, macht auch unsere Fans und Anhänger von härterer Musik stolz, die sich freuen, dass nicht nur dieser Rummelbuden-Metal, der da an der Zirkuskette in den Massenmedien herumgeführt wird, erfolgreich ist.
Weichert: Absolut. Wenn ich mir dieses Beziehungsgejammer anhöre, das in der deutschen Pop-Musik unterwegs ist, bekomme ich Pickel. Das ist doch nur Sehnsuchtsmusik für Leute, die keine Sehnsucht haben oder empfinden wollen. In der Vergangenheit gab es aber auch sehr gute und politische Pop-Musik, nur das wird leider immer weniger. Es fehlen die Musiker, die auch mal Kante zeigen.
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