Von news.de-Redakteurin Anne Meyer-Gatermann, Berlin - Uhr

«Hotel Desire»: Porno mit Schmalzfaktor

Der Film Hotel Desire will Porno sein, aber irgendwie auch nicht. Jedenfalls soll es explizit zur Sache gehen zwischen Clemens Schick und Saralisa Volm - die Fans haben den Film dafür sogar selbst finanziert. Wir haben den Streifen schon gesehen und verraten, wie erotisch es wirklich war.

Clemens Schick und Saralisa Volm in Aktion im Erotikfilm Hotel Desire. (Foto) Suche
Clemens Schick und Saralisa Volm in Aktion im Erotikfilm Hotel Desire. Bild: Teamworx

Die Kamera huscht über Geschlechtsteile und nach zehn Minuten ist auch schon wieder alles vorbei. Dafür, dass die Macher des Films Hotel Desire im Sommer so groß angekündigt hatten, sie würden einen porNEOgrafischen Film drehen, der sich zwischen Spielfilm und Porno bewege und expliziten Geschlechtsverkehr zeige, passiert hier enttäuschend wenig. Am Mittwochabend feierte der Film in Berlin Premiere, danach kann man ihn sich im Internet ansehen und auch der Kultursender Arte hat angekündigt, Hotel Desire Mitte 2012 auszustrahlen.

Dabei wollte Regisseur Sergej Moya doch dazu beitragen, dass Sex im Film endlich die Rolle bekommt, die ihm zustehe: als wichtiges zwischenmenschliches Ereignis, das einen natürlichen Stellenwert jenseits verklemmter Scham verdient. «Mit Hotel Desire möchte ich einen Film machen, der es sich zur unbedingten Aufgabe macht, Sexualität in ihrer Totalität als Ausdruck menschlicher Lebensfreude zu ikonisieren», hatte der Regisseur hochtrabend angekündigt. Worte wie «Aufgabe von Kontrolle», «den Betrachter erregen» fielen auch noch. Und natürlich «ästhetisch».

Ein Porno mit Anspruch sollte es also sein. Und was ist dabei heraus gekommen? Ein schwülstiges Filmchen über ein gestresstes Zimmermädchen, das nach sieben Jahren Abstinenz mal wieder in den Laken landet. Und anstatt neue mutige Wege auf dem Feld zu gehen, kredenzen die Macher etwas, das eher die Karikatur eines Pornos ist.

Schmalzige Streicher begleiten das gebeutelte Zimmermädchen Antonia (Saralisa Volm) durch den Film. Sie wirft verhuschte Blicke umher, lässt sich erst von ihrem Vorgesetzten anranzen, um schließlich mit einem Hotelgast im Bett zu landen. Der ist ein blinder Künstler (!) und steigt nackt aus der Dusche, als sie das Zimmer säubert. Als er sich ankleiden will, ergreift er statt seiner Schuhe erst Antonias Lackballerinas, dann ihre Fesseln und wirft sich wortlos mit ihr aufs Bett. Die Sexszene selbst wirkt leider recht hölzern. Eher wie eine Collage dessen, was sich die Macher wohl einst vorgestellt hatten.

Frustriertes Reh landet in der Kiste

Im Presseheft zum fertigen Film klingt Moya dann auch schon viel defensiver: «Ein romantischer, expliziter und mit Kitsch gefüllter Streifen», nennt er seinen eigenen Film. Er habe sich bei den Dreharbeiten am Rande des Trivialen und der Klischees bewegt, erklärt er.

Aus weiblicher Sicht ist dieser Film geradezu ärgerlich. Er bedient das Klischee des sexuell frustrierten wie verhuschten Rehs, das, nachdem es flachgelegt wurde, endlich wieder befreit lachen kann. Auf der einen Seite stellt die Geschichte die Frau in den Vordergrund, erzählt eine Menge aus ihrem Leben, das Menschen, die den Film aus erotischen Gründen ansehen wollen, wohl eher abschrecken wird. Antonia (Saralisa Volm) hetzt verschwitzt durch den Alltag einer alleinerziehenden, berufstätigen Mutter und heult sich bei ihrer Kollegin aus, weil sie seit sieben Jahren keinen Sex mehr hatte - nicht gerade erotisch. Da hilft es auch wenig, dass die Kollegin ihr einen Kuss aufzwingt.

Die Story richtet sich an Frauen, der erotische Teil eher an Männer: Die bekommen von Saralisa Volm jedenfalls weit mehr zu sehen als von Clemens Schick. Die Kamera wirkt dabei aber leider recht schüchtern. Ja, es ist alles zu sehen - aber nur für Sekundenbruchteile wagt der Kameramann pornografische Einstellungen, um dann ganz schnell wieder Küsse, Umarmungen und die sich räkelnde Volm zu zeigen.

Spenden für ein Schäferstündchen mit Schick und Volm

Das Schlimme daran ist, dass die Macher mit dem Versprechen, schamlosen Sex zwischen Schick und Volm zu zeigen, einer Menge Menschen Geld aus der Tasche gezogen haben - denn Hotel Desire wurde mittels Crowdfunding finanziert. Auf einer Internetplatform konnte, wer von dem Konzept des Films überzeugt war, Geld für dessen Realisierung spenden. Als Belohnung haben die Macher stückweise das Drehbuch enthüllt. Je nach Spendenbeitrag erhalten die Unterstützer einen Gutschein, um den fertigen Film zu streamen, eine handsignierte DVD, eine private Filmvorführung oder eine Erwähnung im Abspann, der allerdings dann erstaunlich kurz ausfiel.

170.000 Euro sollten per Crowdfunding zusammen kommen. Die veröffentlichten Beiträge der namentlich genannten Unterstützer ergeben allerdings nur knapp 14.000 Euro. Wer mehr als 10.000 Euro investiert hat, soll am eventuellen Gewinn beteiligt werden. Da werden also einige nicht namentlich genannte Spender im Hintergrund hoffen, dass sich die PR-Strategie hinter Hotel Desire auszahlt. Für Aufmerksamkeit haben sie jedenfalls gesorgt, so viel ist sicher. Ob das jetzt auch Geld in die Kasse spült, bleibt spannend.

Unglücklich ist, dass der Film im Internet gezeigt wird - ausgerechnet, dem Medium, das der Filmbranche so Kopfschmerzen bereitet. Für 2,99 Euro kann man 24 Stunden lang auf den Film zugreifen, für 10,99 Euro kann man ihn kaufen.

Und die Hauptdarsteller? Die mühten sich in Interviews zu betonen, dass es ja nicht nur um Sex gehe. So richtig wohl scheinen sie sich in der Rolle, in die sie mit Hotel Desire geraten sind, nicht zu fühlen. Aber was soll man machen, wenn es ums Geld geht? Sex sells.

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cvd/car/news.de

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