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Deutscher Adel: Von Busenwitwen und erfolglosen Politikern

Frédéric von Anhalt, Tatjana Gsell und Ferfried von Hohenzollern sowie Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg Bild: dpa (Montage)

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Seitdem der deutsche Adel 1919 nach dem Inkraftreten der Weimarer Verfassung sein Standesvorrecht verloren hat, spielt er zumindest politisch fast keine Rolle mehr. Aber nicht nur in Deutschland ist er unbedeutend geworden, auch im Rest der Welt interessiert sich kaum noch jemand für blaues Blut aus Deutschland.

Dass das einmal anders war, versteht sich von selbst. Bis zum Ende der Monarchie 1919 galten Söhne und Töchter deutscher Fürsten- und Königshäuser europaweit als gute Partien. Mit einem deutschen König oder Großherzog durch das familiäre Band verknüpft zu sein, war immer gut. «Insgesamt hatten wir bis 1918 22 Monarchien in Deutschland. Die waren ebenbürtig mit allen Königshäusern der Welt.», erklärt Adelsexperte Jürgen Worlitz im Interview mit news.de.

Einige können das Regieren nicht lassen

Seit dem 20. Jahrhundert ist das alles anders. Mit der neuen Weimarer Reichsverfassung wurden alle Bürger vor dem Gesetz gleichgestellt. Damit gab  es keine Vorrechte für den Adel mehr. Adelsbezeichnungen waren fortan nur noch ein Teil des Namens. Ein Beispiel: Fürst Wilhelm von Hohenzollern wurde zu Wilhelm Prinz von Hohenzollern. Es gab auch keine Hervorhebung des Erstgeborenen als Fürst oder König. Alle Nachkommen einer Linie erhielten den Beinamen Prinz und Prinzessin (Fürsten) oder Herzog und Herzögin (Könige). Die Bezeichnungen des niederen Adels blieben: Die Nachkommen einer Grafenfamilie heißen weiterhin Grafen und Gräfinnen und die aus einer Freiherrnfamilie Freiherrn und Freifrauen.

Mit dem Verlust des Standesvorrechts verloren einige Familien nach dem Ersten Weltkrieg ihre Besitztümer und gehören mittlerweile zum vielzitierten verarmten Adel. Einige konnten das «Regieren» doch nicht ganz sein lassen und wurden mehr oder weniger erfolgreich Politiker (z. B. Karl-Theodor zu Guttenberg oder Carl-Eduard von Bismarck). Andere verwalten bis heute ihre riesigen Landbesitze, arbeiten in der Wirtschaft oder als Journalisten. Vor allem aber verkehren sie fleißig in der High-Society. Und sorgen ab und an für Aufsehen, allen voran Adelsfamilien wie die von Hohenzollerns, die von Anhalts, die von Bismarcks oder die von Thurn und Taxis' in regelmäßigen Abständen für Aufregung. Weniger ihrer Abstammung wegen, als vielmehr wegen ihrer Eskapade und Skandale.

Deutsche Kaiser und eine Busenwitwe

Da wäre zum Beispiel Ferfried Maximilian Pius Maria Hubert Michael Justinus Prinz von Hohenzollern, besser bekannt als «Foffi». Der 67-jährige Wirtschaftsjurist aus der Linie Hohenzollern-Sigmaringen geistert seit einigen Jahren durch die deutschen Boulevardmedien. Drei Mal war Ferfried verheiratet, zur vierten Ehe hat es nicht gereicht. Seine damalige Verlobte, die Nürnberger «Busenwitwe» Tatjana Gsell und er trennten sich kurz vor der Eheschließung medienwirksam. Dass das Haus Hohenzollern einmal die preußischen Könige und sogar die deutschen Kaiser stellte, ist beim Betrachten solcher Entgleisungen fast undenkbar.

Dann wäre da noch die Horde von Adoptivprinzen der von Anhalts. Allen voran Frédéric Prinz von Anhalt, der bei seiner Geburt noch den schnöden Namen Hans-Robert Lichtenberg trug und später Millionen mit einem Saunaimperium verdiente. Aus reiner Geldnot heraus adoptierte Marie-Auguste Prinzessin von Anhalt Hans-Robert Lichtenberg und machte ihm zu einem Prinzen. Als Gegenleistung bekam sie bis zu ihren Tod 1983 eine Leibrente. Die Adoption kam übrigens durch den Titelhändler Honorarkonsul Hans-Hermann Weyer zustande – auch so eine halbseidene Person aus dem deutschen Jet-Set, der sich gern mit dem Adel in Verbindung bringt. Derlei Figuren spielen laut Adelsexperten Jürgen Worlitz in Deutschland keine Rolle: «Frédéric von Anhalt ist eine reine Show- und Kunstfigur, die sich den Namen zugelegt hat, um ganz nach oben zu kommen. Er denkt von morgens bis abends nach, wie er wieder mit einem erfundenen Gag in die Medien kommen kann.»

Drogensucht und Handgreiflichkeiten

Auch das Haus von Bismarck sorgte weniger wegen seiner noblen Herkunft als vielmehr wegen seiner Skandale für Aufruhr. Da ist von Drogen, einer verschwiegenen HIV-Erkrankung und Handgreiflichkeiten gegen die eigene Mutter die Rede. Chef des Hauses ist Ferdinand von Bismarck, er ist der Urenkel des ehemaligen deutschen Reichskanzlers. Ebenfalls aus einer Linie der von Bismarcks ist Stephanie Gräfin von Bismarck-Schönhausen, besser bekannt als Stephanie Freifrau von und zu Guttenberg. Übrigens: Auch wenn man dieser Tage an dem Namen Guttenberg nicht vorbeizukommen scheint, muss man feststellen, dass die von Guttenbergs zum niederen deutschen Adel gehören.

Die Beliebtheit des Freiherrn zu Guttenberg erklärt Jürgen Worlitz so: «Man setzt bei Adligen nun einmal immer bestimmte Werte voraus. Das ist Geld, Weltgewandtheit, untadeliges Benehmen und dass ein Adliger sich von anderen hervorhebt. Bei Herrn zu Guttenberg kommt zu alldem noch hinzu, dass er auch noch ein moderner Typ ist. Er verkörpert den Managertyp, den man in jeder Konzernzentrale findet. Er hat gute Manieren und eine gutaussehnde Frau, die auch aus dem Adel stammt. Auf dem roten Teppich macht das Paar eine sehr gute Figur und wirkt dementsprechend faszinierend auf die Zuschauer.»

Eine schöne aber langweilige Liebesgeschichte

Ein großer Teil des deutschen Adels lebt dagegen zurückgezogen und hält sich dezent im Hintergrund. Sie fallen lediglich durch Geburten von Stammhaltern oder Hochzeiten auf. So heiratet zum Beispiel in diesem Sommer auch der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers. Georg Friedrich von Preußen und seine Verlobte Sophie von Isenburg kennen sich seit ihrer Kindheit. Eigentlich eine schöne Geschichte, trotzdem wird darüber nur wenig berichtet. Schließlich sind peinliche Eskapaden von Prinz Frédéric und Co. mindestens tausend Mal interessanter als eine schöne aber leider auch langweilige Liebesgeschichte vom skandalfreien Prinz von Preußen.  

sua/news.de