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Kicker-Noten: Die Zeugnisse der Profis

Klare Zahlen: Die Kicker-Noten liefern eine objektive Einschätzung. Bild: news.de / dpa (Montage)

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Was denn? Franck Ribéry bekommt trotz seines Tores und des deutlichen Bayern-Erfolgs gegen St. Pauli nur die Note 3,5 - also befriedigend bis ausreichend? Wieso erhält Wolfsburgs Diego für seinen Auftritt gegen Kaiserslautern eine 5, während der mindestens ebenso blasse Edin Dzeko noch ausreichend bewertet wird? Und war die Leistung von Leverkusens Renato Augusto gegen den völlig desolaten HSV tatsächlich eine glatte 1 wert?

Seit Gründung der Bundesliga polarisieren die Noten Montag für Montag bei Fans, Journalisten, aber auch den Spielern selbst. Besonders die zahlreichen Hobby-Manager, die sich im Internet eine Mannschaft zusammenstellen und auf Grundlage der Kicker-Noten Punkte sammeln, fiebern jeden Spieltag aufs Neue den Zeugnissen der Stars entgegen. Aber auch die Spieler selbst achten sehr genau auf ihre strengen Bewertungen. «Der Stellenwert der Noten ist hoch», sagt Kicker-Chefredakteur Klaus Smentek im Gespräch mit news.de. «Es gibt Spieler, die nach zwei, drei schlechten Noten hintereinander stocksauer sind.» Neben direkten Beschwerden bei den Reportern im Stadion äußern einige Profis ihren Unmut über die Benotung auch subtiler und lehnen etwa Interviewwünsche ab. Auch die Fans kommentieren die Notenvergabe regelmäßig kritisch.

Wie auch die Bild-Zeitung begannen die Reporter des Kicker am 9. Mai 1963, die Leistung jedes Bundesliga-Spielers mit einer Schulnote zu bewerten. Kölns heutiger Präsident Wolfgang Overath bekam damals beispielsweise eine 3, Dortmunds Torhüter-Legende Hans Tilkowski trotz der 0:2-Niederlage gegen Eintracht Braunschweig eine 1. Schlechter als mit 4 wurde kein Kicker benotet.

Kicker-Chef Smentek: «Wir sind zu kritisch»

Heute ist das Benotungssystem differenzierter - inzwischen wird in 0,5er-Schritten bewertet. Dazu erhält nicht nur jeder Spieler, sondern auch die gesamte Partie und der Schiedsrichter eine Note. Zwei Reporter setzt der Kicker pro Spiel ein, um die Noten zu verteilen. Bei Samstagsspielen übermitteln die Journalisten ihre Bewertungen der Redaktion am Sonntagvormittag. Dort werden die Noten noch einmal kritisch gecheckt und in Einzelfällen korrigiert. «Aber die Reporter vor Ort haben das letzte Wort», sagt Smentek.

Die Möglichkeit, sich strittige Szenen noch einmal im Fernsehen anzuschauen, haben die Berichterstatter der Sonntagsspiele nicht. Da die Zeit bis zum Redaktionsschluss drängt, müssen die Noten direkt nach Spielende abgegeben werden. «Da müssen wir unseren Leuten - meist sehr erfahrene Kollegen - vertrauen», sagt Smentek.

Richtlinienpapier hilft bei der Benotung

Um subjektive Einschätzungen zu nivellieren, werden die einzelnen Mannschaften in jedem zweiten Spiel von anderen Journalisten beurteilt. Nur die Heimspiele eines Teams werden über eine Saison hinweg immer von dem gleichen Reporter begleitet. Viele Kollegen führen während einer Partie Strichlisten, bei denen alle guten beziehungsweise schlechten Aktionen eines Spielers festgehalten werden. «Wir sagen nicht, dass wir die Götter sind, die nie schiefliegen», sagt Smentek. «Aber wir bemühen uns, relative Objektivität herzustellen.»

Dazu gibt es ein Richtlinienpapier, in dem grundlegende Regelungen festgehalten sind. Unter anderem steht dort, dass ein Torwart bei einem spielentscheidenden Fehler eine 5 bekommen sollte. Wenn ein Feldspieler unauffällig spielt und nicht großartig in Erscheinung tritt, wird das mit der Note 4 bewertet. Dazu wird jeder Spieler im Rahmen seiner Aufgaben benotet. Dass also ein Defensivspieler auch in der Offensive überzeugt, bringt zwar Pluspunkte, ist für eine gute Bewertung jedoch nicht zwingend Voraussetzung. Dazu fordert Smentek von seinen Redakteuren klare Meinungen. «Wenn ein Spieler eine 5,5 bekommt, weiß ich nicht, wo der Unterschied zur 6 ist», sagt der Hesse. «Das heißt dann nur, dass er auf dem Platz keinen umgebracht hat.»

Mit einem Notenschnitt von 2,47 ist der Dortmunder Nuri Sahin derzeit der beste Spieler der Bundesliga. In der Schule wäre eine solche Leistung gerade so noch «gut». Bei den strengen Bewertern des Kicker ist jede Note, bei der eine 2 vor dem Komma steht, Gütesiegel für eine starke Saison. «Wir gehen recht kritisch an die Notenvergabe heran», sagt Smentek. «Manchmal sind wir zu hart.» Seine Kollegen fordert er auf, «auch mal mehr eine 1 zu verteilen». Die Fans des Kicker-Managerspiels, die für jede gute Note mehr Punkte bekommen, dürften nichts dagegen haben.

hem/ivb/news.de