Das droht Patienten ab 2026: Bald wieder Papierrezepte? Sicherheitsupdate ist Schuld
Digitale Krankschreibungen und Rezepte könnten bald wieder abgeschafft werden - aufgrund mangelhafter Technik. Bild: picture alliance/dpa | Daniel Karmann
Erstellt von Felix Schneider
07.11.2025 10.01
- Die Patientenversorgung droht, sich ab 2026 deutlich zu verschlechtern
- Sicherheitslücken in der Technik sorgen für Rückschritt zum Papierrezept
- Alte Hardware der Praxen wird ab dem neuen Jahr völlig unbrauchbar
Tausenden Arztpraxen in Deutschland droht ab Januar 2026 die Rückkehr zum Papierrezept. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schlägt Alarm: Mehr als 50.000 elektronische Heilberufsausweise sind nicht mit dem neuen Verschlüsselungsstandard kompatibel. Ohne funktionierende Ausweise können Ärzte weder digitale Rezepte noch elektronische Krankmeldungen oder Arztbriefe erstellen. Die KBV befürchtet einen "digitalen Stillstand" und befürchtet gravierende Folgen für die Patientenversorgung.
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Sicherheitslücke zwingt zum radikalen Systemwechsel
Hintergrund der drohenden Misere ist eine Sicherheitsvorgabe der Behörden. Das bisherige RSA-2048-Verschlüsselungsverfahren gilt als veraltet und unsicher. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und Bundesnetzagentur haben deshalb verfügt: Spätestens am 31. Dezember 2025 müssen alle RSA-basierten Systeme abgeschaltet werden.
Die Nachfolgetechnologie ECC soll effizienter arbeiten und höhere Sicherheitsstandards bieten. Die Gematik, verantwortlich für die digitale Gesundheitsinfrastruktur, beharrt trotz der massiven Umsetzungsprobleme auf dem festgelegten Zeitplan. Für die Praxen bedeutet dies: Sämtliche Hardware mit ausschließlicher RSA-Unterstützung wird ab Neujahr unbrauchbar.
Digitaler Blackout: Praxen verlieren Zugang zur Telematikinfrastruktur
Die Folgen für den Praxisalltag sind dramatisch. Ärzte mit veralteten Ausweisen verlieren komplett den Zugang zur digitalen Gesundheitsinfrastruktur. Elektronische Rezepte können nicht mehr signiert werden - Patienten müssen wieder persönlich Papierrezepte abholen. Da auch die digitale Krankschreibung nicht mehr funktioniert, müssen Formulare nun ausgedruckt werden.
Betroffen sind sämtliche digitale Prozesse: Arztbriefe müssen per Post verschickt werden, der Zugriff auf die elektronische Patientenakte entfällt komplett. Selbst das Einlesen von Versichertendaten funktioniert nur noch eingeschränkt. Die KBV befürchtet einen deutlichen Rückschritt - der vor allem für chronisch Kranke und ältere Patienten, die auf regelmäßige Medikation angewiesen sind, Folgen haben wird.
Hardware-Chaos: Ein Anbieter blockiert den Kartentausch
Der Austausch der veralteten Technik stockt massiv. Neben den Heilberufsausweisen müssen auch Konnektoren, Kartenterminals und Praxisausweise erneuert werden. Die Bundesärztekammer warnt vor erheblichen Verzögerungen. Die KBV zeigt sich alarmiert: Selbst unter optimistischsten Annahmen sei ein vollständiger Kartenaustausch bis zum Jahresende unmöglich. Die Hersteller räumen ein, dass sie die flächendeckende Versorgung mit neuen Komponenten nicht mehr rechtzeitig gewährleisten können.
Fristverlängerung als letzter Ausweg: Deutschland hinkt hinterher
Die KBV fordert dringend eine Verschiebung der Umstellung: Erst mit Mitte 2026 sollen die RSA-Ausweise ablaufen - nur so ließe sich der digitale Kollaps verhindern. Die Ärztevertretung verweist auf internationale Standards: In Frankreich dürfen RSA-Schlüssel sogar bis 2030 weiterverwendet werden.
Die Entscheidung liegt letztlich bei der Bundesnetzagentur. Ohne Aufschub drohen allerdings weitreichende Konsequenzen: Die elektronische Patientenakte würde massiv beschädigt, da E-Rezepte wichtige Daten für die digitale Medikationsliste liefern. Über 500 Millionen elektronische Rezepte werden jährlich ausgestellt. Ein flächendeckender Systemausfall würde Millionen Patienten treffen - besonders chronisch Kranke, Senioren und Familien mit kleinen Kindern müssten wieder persönlich in die Praxen kommen.
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