Von news.de-Redakteurin Corina Broßmann - Uhr

Schwangerschaft: Neun Monate guter Sex

Angebliche medizinische Gründe, die gegen Sex in der Schwangerschaft sprechen, beruhen auf Mythen. Oder sind sie von der lustlosen Männerwelt erfunden worden? Denn in der Schwangerschaft steht die Sexwelt Kopf.

Während der Schwangerschaft sind viele Frauen mit ihrem Körper plötzlich besonders zufrieden und selbstbewusster denn je. Der perfekte Zeitpunkt, den Sex in der Partnerschaft ganz neu zu genießen. (Foto) Suche
Während der Schwangerschaft sind viele Frauen mit ihrem Körper plötzlich besonders zufrieden und selbstbewusster denn je. Der perfekte Zeitpunkt, den Sex in der Partnerschaft ganz neu zu genießen. Bild: dpa

Schwangere haben ein lustvolles, unersättlich erscheinendes Bedürfnis, das von ihren Männern nicht befriedigt wird. Das behauptet zumindest Dr. Babett Ramsauer vom Vivantes Klinikum Berlin Neukölln beim Deutschen Kongress für Perinatale MedizinGeburtshilfe Anfang Dezember.

Dick und selbstbewusst

Die Expertin hat zahlreiche Paare zum Thema Sex in der Schwangerschaft befragt. Dabei fand sie heraus, dass sich schwangere Frauen selbst attraktiver und anziehender finden. Sie scheinen mit ihrer Figur zufrieden zu sein und sich wohl zu fühlen, trotz Gewichtszunahme. Dieses Selbstbewusstsein scheint einen weitreichenden Einfluss auf das sexuelle Verlangen zu haben. Die medizinische Seite ist ein anderer Aspekt der Erklärung: Durch die hormonellen Umstellungen entsteht ein feuchteres Scheidenmilieu, das zu einer gesteigerten Erregbarkeit führt. Außerdem sind die Geschlechtsorgane stärker durchblutet und daher sehr empfänglich für Berührungen.

Ängstliche Männer und Horrorgeschichten

Die Libido des werdenden Vaters sei dagegen zunehmend von Angst ausgebremst. Sie befürchten Verletzungen des Kindes, Blutungen, Verursachung eines Blasensprunges oder Auslösen von Wehen durch Sex. Spätestens, wenn der Babybauch sichtbar wird, kommt es bei nicht wenigen Männern zu einer sexuellen Blockade.

Dabei gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass Sexualität in der Schwangerschaft einen Schaden verursachen könnte und besser unterbleiben sollte. Die gängigen Mythen lassen sich leicht entkräften. So sind im Sperma angeblich ProstaglandineGewebshormone enthalten, die Frühgeburten auslösen. Die Menge ist aber zu gering. Erst wenn die Zeit ohnehin reif für die Geburt ist, kann Sex tatsächlich die Wehen fördern. Dann geben die Hormone dem geöffneten Muttermund den letzten Schub, indem sie ihn noch weicher und weiter machen, so dass das Kind hindurch passt. Frühgeburten durch Sex sind jedoch wissenschaftlich nicht belegt.

Auch kommt es durch die mechanischen Reize und den Orgasmus der Frau nicht zu Geburtswehen. Keine Untersuchung konnte Derartiges bisher belegen. Weder Penetration noch Petting mit nachfolgendem Orgasmus führen zu Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur und in der Folge zu Wehen. Solange der Gebärmutterhals fest verschlossen ist, schwebt das Kind sicher und behütet im Fruchtwasser und wird auch von Erschütterungen bei etwas härteren Spielarten nicht tangiert. Der Penis kann das Baby zudem auf keinen Fall verletzen. Das ist rein körperlich nicht möglich, denn zwischen Scheide und Gebärmutter liegt der geschlossene Muttermund.

Infektionen durch Sex in der Schwangerschaft sind ebenfalls unwahrscheinlich: Ursache für eine Genitalinfektion in der Schwangerschaft ist die vielmehr in einer individuellen Veranlagung als in der Ansteckung durch den Partner zu suchen.

Die beste Zeit für entspannten Sex

Und vor allem vergessen die Männer an der Seite einer Schwangeren oftmals, dass sie Sexualität nun doch endlich einmal unbeschwert genießen könnten. Ob gewollt oder nicht: Frau oder Freundin ist schwanger. Man hat sich mit der neuen Situation arrangiert. Vorbei ist die Zeit der lästigen Verhütung oder des Sex' nach Kalender, getimt nach dem vermuteten Einsprung. Das alles sollte Erleichterung schaffen, spiegelt sich aber laut Ramsauer im Verhalten der wenigsten werdenden Väter wider.

Die lustvollen Schwangeren scheinen sich aber ganz gut durchzusetzen: Im Durchschnitt schlafen werdende Eltern 1,5-mal pro Woche miteinander - das hat eine aktuell veröffentlichte Studie der Berliner Charité ergeben. Damit liegen sie genau im Mittel der Gesamtbevölkerung. Die meisten der ungezählten Sexstatistiken kommen auf ein- bis zweimal Sex pro Woche, den deutsche Pärchen angeblich haben.

Sexualität in der Schwangerschaft ist also keine medizinische, sondern eine partnerschaftliche, gesellschaftliche und geschlechtsspezifische Frage. Tabu ist der Geschlechtsverkehr nur, wenn sich der Muttermund vorzeitig öffnet und damit eine direkte Infektionsgefahr besteht, die Schwangerschaft Blutungen, eine Genitalinfektion oder eine chronische Krankheit wie zum Beispiel Diabetes hat.

Und wo ein Wille ist, da ist immer auch ein Weg: Wenn der Bauch größer wird, können Sie auf Stellungen umschwenken, bei denen er nicht stört. Ideal dafür ist die Löffelchen-Stellung, bei der sich die Frau in den Schoß ihres Mannes schmiegt. Ebenso geeignet: Sie liegt etwas erhöht auf einem Kissen auf dem Rücken, er kniet vor ihr.

rzf/sca/news.de