Von Matthias Benirschke - Uhr

Sprachstörungen: So klappt der Umgang mit Stotternden

Wer zu den stotternden Menschen dieser Welt gehört, ist in bester Gesellschaft: Auch Prominente wie Marilyn Monroe oder Winston Churchill gehörten zu denen, die mit einer stockenden Artikulation zu kämpfen hatten. Im alltäglichen Umgang mit Stotternden sollte man jedoch einige Punkte beachten, damit die Kommunikation klappt.

Wer glaubt, Stottern sei ein Sprachproblem, das nur Menschen außerhalb des Rampenlichtes plagt, irrt gewaltig: Selbst Prominente wie Marilyn Monroe oder Politiker Winston Churchill hatten mit der Sprachbehinderung zu kämpfen. Verstecken ist jedoch der falsche Weg: Der Vorsitzende der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe («Lieber stottern als schweigen»), der Neurologe Martin Sommer, ermutigt zu einem offensiven Umgang mit der Behinderung. Er selbst kündige anderen Menschen an, dass er stottere, so der Neurologe in einem dpa-Interview.

Wie sollte man mit einem Stotterer umgehen?

Martin Sommer: Das ist eine etwas alte Terminologie. Man sagt eigentlich: Stotternde Menschen.

Gut. Wie sollte man stotternden Menschen begegnen?

Martin Sommer: Ausreden lassen, auch wenn es schwerfällt. Ich weiß, dass das kein einfacher Ratschlag ist. Aber es bringt überhaupt nichts, ihm das Wort aus dem Mund zu nehmen. Erstens will er das selber sagen. Zweitens will er vielleicht etwas anderes sagen.

Soll man ihnen Hilfe anbieten?

Martin Sommer: Es gibt natürlich diese nervigen Ratschläge: Überleg dir, was du sagen willst. Das ist natürlich Unsinn, denn das ist keine Sprachstörung. Der Stotternde weiß ja, was er sagen will, er kriegt es bloß nicht raus. Oder: Sprich langsam. Das sind alles solche gut gemeinten Tipps, die aber natürlich alle nerven und nicht funktionieren.

Welche Erfahrungen haben Sie als stotternder Mensch gemacht?

Martin Sommer: Ja, ich stottere seit der Kindheit und habe lange ziemlich gestottert und das ist dann durch mehrere Therapien und auch durch die langfristige Begleitung und das Ausprobieren in der Selbsthilfegruppe deutlich besser geworden.

Der Graf, Frontmann der Band «Unheilig», stottert. Einer seiner Lehrer hatte ihm zu einem Beruf geraten, wo er nicht viel sprechen muss.

Martin Sommer: Das einfachste und schlechteste Prinzip gegen das Stottern ist, die Klappe zu halten. Wenn sie sozusagen das Maul halten, fällt das Stottern nicht auf. Das ist eine relativ schlechte Methode damit umzugehen, weil es zu einer deutlich eingeschränkten Lebensqualität führt.

Wer hat noch gestottert?

Martin Sommer: Zum Beispiel der frühere britische Premier Winston Churchill oder auch Marilyn Monroe. Bei ihr gab es ja diese hauchende Sprechweise. Da wird überlegt, ob das nicht ihre Methode war, mit dem Stottern umzugehen.

Findet man als stotternder Mensch irgendwann ein lässigeres Verhältnis zu dieser Behinderung?

Martin Sommer: Das ist ein schwieriges Thema. Viele tun das nicht. Ich habe das auch lange nicht getan. Es gibt eine radikale Stottertherapie von Breitenfeld aus Amerika. Die machen sozusagen ein Ankündigen des Stotterns. Die sagen also, wenn sie ein Brot kaufen gehen: «Ich heiße Martin, ich stottere und ich hätte gern ein Brot.»

Hat Ihnen diese Methode geholfen?

Martin Sommer: Das Paradoxe ist, dass wenn das Stottern sozusagen offen auf dem Tisch liegt und offen angesprochen worden ist, der ganze Druck, das Stottern nicht zeigen zu dürfen, die ganze Vermeidungstendenz raus ist. Und dadurch gibt es eine große Lockerheit. Ich habe mir das Jahre nicht zugetraut. Heute halte ich praktisch keinen Vortrag mehr, ohne vorher anzukündigen, dass ich stottere.

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loc/news.de/dpa

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