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Gerichtsurteil: Tauben sind Ungeziefer

Sie laufen kopfnickend, allesfressend und übergewichtig durch die deutschen Städte. Man ahnte es schon lange, nun hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof festgestellt: Tauben sind Schädlinge. Zumindest, wenn sie in Massen auftreten. Kommt jetzt das staatlich verordnete Taubenschlachten?

Wenn sie in Massen auftreten, sind Tauben Schädlinge, so ein Gerichtsurteil. (Foto) Suche
Wenn sie in Massen auftreten, sind Tauben Schädlinge, so ein Gerichtsurteil. Bild: dpa

Verwilderte Straßentauben sind nach einem Gerichtsurteil Schädlinge - allerdings nur wenn sie in großen Schwärmen auftreten. Die Tiere zu töten sei nur in Grenzen erlaubt, sagte ein Sprecher des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs am Donnerstag in Kassel. Geklagt hatte ein Falkner aus dem südhessischen Villmar. Ein Unternehmen in Rüsselsheim hatte ihn beauftragt, die Taubenplage zu bekämpfen. Aber töten durfte der Mann die Tiere bisher nicht.Die Richter gaben dem Falkner zwar keinen Freifahrtschein für das gewerbsmäßige Fangen und Töten der Vögel. Doch sie verpflichteten den zuständigen Landkreis Limburg-Weilburg, den Antrag des Falkners neu zu prüfen und festzulegen, ab wann von einer Taubenplage gesprochen werden kann und die Vögel getötet werden dürfen.

Der klagende Falkner Berthold Geis (55) hat eine Taubenfalle entworfen, in der Locktauben und Nahrung sind. Wenn die Tauben hineintappen, will er die Tiere töten und an die Vögel seiner Greifvogelstation verfüttern. Bislang durfte er die Tauben zwar fangen, musste sie dann aber andernorts wieder freilassen. Das Unternehmen hatte den Falkner beauftragt, weil die Tiere Kot, Dreck und Federn zum Beispiel auf Fensterbrettern, an Glasscheiben und auf Lüftungen hinterließen.

Das Gesundheitsamt attestierte zwar eine Gesundheitsgefährdung der Firmenmitarbeiter. Das Veterinäramt untersagte das Töten jedoch - des Tierschutzes wegen. An der Fachkenntnis des Falkners zweifeln die Beamten indes nach eigener Aussage nicht. Der Anwalt des Klägers argumentierte, dass der Gesundheitsschutz des Menschen wichtiger als Tierschutz sei. Der Falkner sagte, dass Tauben häufig von Parasiten infiziert seien und Taubenkot Krankheitserreger enthalten könnten.

Falkner Geis nannte das Urteil einen «Teilerfolg». Doch das Gericht habe lediglich den Schwarzen Peter für die Genehmigung an das Veterinäramt zurückgegeben. «Hoffentlich muss ich nicht wieder so lange auf eine Entscheidung warten», sagte er. Zu dem Urteil ist eine Revision zugelassen. 

Jedes Taube produziert 2,5 Kilo Kot pro Jahr

Nach Meinung von Vogelschützern gibt es zu viele Tauben in Städten - deshalb könnten sie auch bekämpft werden. «Straßentauben sind keine Wildvögel, sondern verwilderte Haustauben», sagte Klaus Richarz, Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt, der Nachrichtenagentur dpa. Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Zahl der Vögel nach tierschutzrechtlichen Maßstäben reduziert würde. Tote Tauben an Tiere zu verfüttern, hält Richarz für eine denkbare Verwertung.«Es gibt viel zu viele Tauben in den Städten», sagte Richarz. Eine wirksame Methode, ihre Zahl zu reduzieren, sei aber bisher nicht gefunden. Versuche mit Greifvögeln lösten das Problem nicht. «Das bringt alles viel zu wenig», sagte Richarz. In Frankfurt gebe es inzwischen mehrere Wanderfalken-Brutpaare, die vor allem Tauben jagen. Aber Greifvögel rotteten ihre Beutevögel niemals aus.

Anders als die am Mittelmeer wildlebenden Felsentauben haben es deutsche Stadttauben sehr viel komfortabler: Üppiges Nahrungsangebot rund ums Jahr, guter Schutz vor Kälte, Sturm und Regen, kaum Feinde - diese Bedingungen machen die Vögel außerordentlich standorttreu und vermehrungsfreudig.

Schädlich für Gebäude und Menschen ist vor allem der Kot: 2,5 Kilo Dreck produziere eine einzige Taube pro Jahr - in einer Großstadt könne sich das leicht auf 100 Tonnen jährlich summieren, so Richarz. Gesundheitlich gefährlich sei Taubendreck auf Kinderspielplätzen oder Marktständen. Die ätzende Masse beschädigt außerdem Gebäude, da sie die Steine regelrecht zerfrisst. 

jag/sua/news.de/dpa

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