Von news.de-Redakteurin Claudia Arthen - Uhr

Herzmuskelentzündung: Wenn die Grippe aufs Herz schlägt

Der Tod des Leichtathleten René Herms hat Bestürzung ausgelöst - und viele Fragen aufgeworfen. Wie gefährlich ist eine Herzmuskelentzündung und warum sind so viele Sportler davon betroffen? News.de hat den Herzspezialisten Dr. Norbert Smetak befragt.

Besser auskurieren: Denn eine verschleppte Grippe kann zu einer Herzmuskelentzündung führen. (Foto) Suche
Besser auskurieren: Denn eine verschleppte Grippe kann zu einer Herzmuskelentzündung führen. Bild: dpa

news.de: Was ist eine Herzmuskelentzündung?

Smetak: Eine Herzmuskelentzündung ist eine Entzündung der Herzmuskulatur, die durch eine Infektion meist in Form von Viren - zum Beispiel einer Grippe - ausgelöst wird. Normalerweise ist sie harmlos, wird sie aber chronisch, kann sie die Leistungsfähigkeit des Herzens schwächen, zu Herzrhythmusstörungen und im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen. Auslöser für eine Herzmuskelentzündung können auch Bakterien wie etwa Eitererreger oder eine Autoimmunkrankheit wie zum Beispiel Rheuma sein.

news.de: Das heißt, einmal erkältet und als Folge ein schwaches Herz?

Smetak: Im Prinzip ja. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn eine Grippe verschleppt wird. «Verschleppt» bedeutet, dass man dem Körper nicht genügend Ruhe gönnt, mit dem Infekt fertig zu werden. Wenn man die Symptome mit Medikamenten kaschiert und sich trotzdem körperlich belastet, ist die Abwehr erst einmal behindert. Erreger können sich dann besser vermehren und von ihrem ursprünglichen Infektionsgebiet auf andere Organe übergreifen - zum Beispiel auf das Herz.

news.de: Der Leichtathlet René Herms soll an den Folgen einer Herzmuskelentzündung gestorben sein - er ist nur ein Beispiel von vielen. Wie kommt es, dass es ausgerechnet so viele junge, scheinbar fitte Sportler trifft?

Smetak: Das Problem bei Hochleistungssportlern ist, dass sie grippale Infekte oft nicht ernst nehmen, notwendige Ruhezeiten zum Ausheilen von Infekten missachten oder Infekte ganz ignorieren, weil sie unter Trainingsdruck stehen und rechtzeitig fit sein wollen. Sport in Maßen ist eigentlich gut für die körpereigene Abwehrkraft, wer das Training aber übertreibt, schadet sich selbst. Im Übertraining rauscht ein ganzer Cocktail aus Streßhormonen wie Adrenalin und Cortisol durch die Blutbahn, die das Immunsystem zusätzlich schwächen. Wenn dann eine Grippe ins Spiel kommt, kann es gefährlich werden.

news.de: Wie merke ich, dass ich eine Herzmuskelentzündung habe?

Smetak: Das ist eines der großen Probleme, denn die Erkrankung verläuft meist schleichend. Viele Betroffene klagen über allgemeine Schwäche, Müdigkeit und Gliederschmerzen. Symptome können aber auch Herzstolpern, ein deutlich schnellerer Herzschlag als sonst oder Atemnot bei kleinsten Anstrengungen sein.

Wie man die schleichende Erkrankung erkennt

news.de: Was empfehlen Sie, damit eine schleichende Erkrankung frühzeitig festgestellt werden kann?

Smetak: Bei Symptomen wie Herzrhythmusstörungen rate ich unbedingt einen Kardiologen aufzusuchen. Er kann einen Ultraschall des Herzens in die Wege leiten, um zu sehen, ob das Herz geschwächt ist. Anhand des Ultraschallbildes sieht man, ob sich das Herz vergrößert hat und ob sich Flüssigkeit zwischen Herzmuskel und Herzbeutel befindet. Stellt der Arzt eine eingeschränkte Herzkraft fest, kann eine Kernspinunteruchung Aufschluss über das Ausmaß der Entzündung geben. Um ganz sicher zu gehen, kann es sinnvoll sein, Gewebe mit Hilfe eines Herzkatheders aus dem Herzen zu entnehmen.

news.de: Sind Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll?

Smetak: Spezielle Vorsorgeuntersuchungen gibt es nicht. Aber wir empfehlen Hochleistungssportlern einmal im Jahr zu einer Ultraschalluntersuchung des Herzens und zu einem Leistungstest.

news.de: Wie wird eine Herzmuskelentzündung therapiert?

Smetak: Das kommt auf die Ursache der Entzündung an. Eine bakterielle Herzmuskelentzündung lässt sich mit Antibiotika behandeln. Gegen die viral bedingte Variante gibt es keine speziellen Medikamente. Leidet der Betroffene an Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen werden diese Symptome meist medikamentös behandelt. Generall empfiehlt sich längerfristige körperliche Schonung. Sport und andere körperliche Anstrengungen sind tabu.

news.de: Was kann ich zur Vorbeugung tun?

Smetak: Ich rate zu einer sinnvollen Steigerung der körperlichen Abwehr. Zum Beispiel durch Ausdauersport auf mittlerem Niveau, Spaziergänge, eine gesunde Ernährung, das Meiden von Massenveranstaltungen zu Grippezeiten und eventuell zu einer Grippeschutzimpfung. Sportler warne ich vor den Gefahr, die falscher Ehrgeiz mit sich bringen kann - im schlimmsten Fall kann er irreparable Folgen für die Gesundheit haben.

Dr. Norbert Smetak ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie sowie Vorsitzender des Bundesverbandes niedergelassener Kardiologen. Weitere Infos: www.bnk.de.

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